Ob sich das mit dem Interimer wohl lohnt? – Manche HR-Verantwortliche fragen sich das, wenn es um Interim Management geht. Inwieweit ein attraktiver ROI erzielt werden kann, hängt von Vielem ab.
Wenn Zweifel aufkommen, ob der beabsichtigte Einsatz eines Interim Managers oder Managerin die beste Alternative darstellt, hören wir verschiedene kritische Stimmen, die zum Beispiel meinen, Interim Manager*innen seien überbezahlt, sie würden oft das Drei- bis Vierfache fest eingestellter Fachkräfte kosten,es sei aufgrund der kurzen Verweildauer nicht möglich, anvisierte Ergebnisse zu erzielen, und so weiter.
Tatsächlich kann so etwas schon mal vorkommen. Die meisten solcher Aussagen lassen sich jedoch nicht belegen und erweisen sich als Ausreden. Es sind Ausreden für nicht oder schlampig erfolgte Analyse und Vorbereitung des Recruiting-Prozesses schon im Vorfeld.
Wer im Recruiting mit Interimer*innen schnell mal Lücken stopfen will, anstatt die beste Lösung zu finden, tappt unweigerlich in die Falle des »Quick’n Dirty«:
Bedarf schnell gedeckt, Aufgabe vom Tisch gebracht, Anfrage erst mal befriedigt.
Dem Stresslevel geschuldet oder wegen Unlust und Bequemlichkeit ist dieses Vorgehen nicht ungewöhnlich, aber dennoch falsch.
Analyse als Grundlage für den ROI
Wenn eine Stelle neu geschaffen oder neu besetzt werden soll, ist es erfolgskritisch zu analysieren, bevor mögliche Alternativen bewertet werden. Erst danach kann eine fundierte Aussage getroffen werden, welche Lösung die operativ und wirtschaftlich sinnvollste ist.
Im Bereich des Fach- und Führungskräfte-Recruitings gibt es normalerweise folgende Alternativen:
- Aufteilung der Stellenfunktionen und Verteilung auf vorhandene Mitarbeitende
- Auswahl vorhandener Mitarbeitender zur dauerhaften Besetzung der Stelle (interne Ausschreibung)
- Recruiting auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt
- Gegebenenfalls interne Besetzung interimistisch, bis Dauerbesetzung gefunden ist
- Interimistische Besetzung mit freiberuflichen Experten (Interim Manager*innen)
Für jede dieser Alternativen sollten die individuellen Vor- und Nachteile ermittelt werden.
Auch die jeweiligen Ziele und Erwartungen müssen für jede Alternative eindeutig definiert sein. Ein großer Fehler besteht darin, Ziele und Erwartungen nicht schriftlich festzuhalten. Damit weiß die Person, die für die Stelle eingesetzt wird, nicht, wie sie arbeiten muss, welche Verantwortlichkeiten sie ausfüllen muss, was genau von ihr erwartet wird. Es ist kein Wunder, dass am Ende alle unzufrieden sind.
Neben der Definition muss die Messbarkeit der Resultate sichergestellt werden.
- Welche Resultate werden für die Messung aufgenommen?
- Wann ist ein Ziel erreicht?
- Woran wird festgemacht, dass ein Ziel erreicht ist?
- Welche objektiven Punkte werden für die Messung herangezogen?
Über die unmittelbare Bedarfsbefriedigung hinaus sind in der Analyse Seiteneffekte zu berücksichtigen, wie zum Beispiel
- Know-how-Transfer externer Interim Manager*innen oder neu eingestellter Stelleninhaber*innen,
- notwendige Einarbeitungszeit
- eventuelle Befristung des Bedarfs
- Dringlichkeit in Verbindung mit Wichtigkeit der Bedarfsdeckung
- kurz-, mittel- und langfristige Auswirkungen der Alternativen
- juristische Aspekte wie Arbeits-, Sozialversicherungs- oder Vertragsrecht
- Gesamtkosten der jeweiligen Lösungsalternative
Szenarien für hohen ROI im Interim Management
Der Einsatz von Interimer*innen macht beispielhaft am meisten Sinn,
- um temporäre Engpässe aufzufangen,
- um kurzfristig Know-how einzukaufen,
- um zeitlich begrenzte Sonderprojekte durchzuführen,
- um Notsituationen zu beherrschen,
- um Luft zu geben für längere Recruitingprozesse,
- um schnell Strukturen aufzubauen oder Ähnliches.
In solchen Bedarfssituationen ist entsprechend meist auch ein hoher ROI zu erwarten, wenn die richtigen Interim Manager*innen ausgewählt werden.
Es macht keinerlei Sinn, in jeder möglichen Situation auf die Suche nach Interim Manager*innen zu gehen, nur weil das schnell geht und Interimer schnell zur Verfügung stehen. Mit einer fundierten Analyse der individuellen Aufgabenstellung entsprechend der genannten Punkte und Hinzunahme betriebsindividueller zusätzlicher Aspekte kann erst mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, welche Recruiting-Alternative den besten Erfolg in fachlicher und wirtschaftlicher Sicht verspricht.
Es ist viel leichter, als manche sich das denken. Erfasse anhand der oben genannten Punkte die jeweiligen Vor- und Nachteile, schätze jeweils Aufwand und Kosten. Bewerte die Eignung der Lösung, die Sicherheit der Zielerreichung und die Gesamtkosten. Dann weißt du auch genau, wann es tatsächlich Sinn macht, dich auf die Suche nach Interimer*innen zu machen. Anschließend fälle deine Entscheidung anhand der Analyseergebnisse, die du jederzeit objektiv vertreten kannst.
Fazit
Aus dem hohlen Bauch heraus für oder gegen die eine oder andere Alternative zu argumentieren, überlässt es dem Zufall, ob der beabsichtigte Zweck erreicht werden kann. Eine generelle Meinung pro bzw. kontra, die dogmatische Keule oder eine Verallgemeinerung ist auf jeden Fall schädlich.
Was es braucht, ist eine sorgfältige Analyse der Aufgabenstellung und erst danach eine individuelle Entscheidung. Die hier investierte Zeit und Energie belohnt uns alle mit mittelfristig besserem Erfolg und schützt uns vor teuren Fehlentscheidungen aufgrund von fehlerhaften Vermutungen.