Du hast alles richtig gemacht – der Umsatz steigt, die Auftragslage ist blendend, dein Unternehmen wächst. Und plötzlich brennt es an allen Ecken: Mitarbeitende sind überlastet, neue Teammitglieder finden sich kaum zurecht, Kund:innen beschweren sich häufiger, und du hetzt von einer Aufgabe zur nächsten, statt strategisch zu führen. Kommt dir das bekannt vor?
Dann bist du nicht allein. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) geraten früher oder später in genau diese Situation. Der Fachbegriff dafür: Wachstumsschmerz – ein Phänomen, das auftritt, wenn Unternehmen zwar erfolgreich wachsen, aber ihre Strukturen, Prozesse und Rollen nicht im gleichen Tempo mitwachsen. Der folgende Beitrag zeigt dir, woran du diesen Engpass erkennst, welche Folgen drohen – und vor allem: wie du gegensteuern kannst, damit dein Unternehmen nicht an seinem Erfolg zerbricht.
Organisatorisches Problem
Umsatz wächst, aber Prozesse skalieren nicht mit
Wachstum passiert manchmal schneller, als man es plant – und genau das ist das Problem. Oft gibt es in KMU keine strategische Vorbereitung auf Wachstumsschübe. Neue Kundenaufträge werden angenommen, zusätzliche Mitarbeitende eingestellt, vielleicht sogar neue Märkte erschlossen. Doch das Fundament – die internen Abläufe, Kommunikationswege und Entscheidungsstrukturen – bleibt dabei unverändert. Das führt zu einem Auseinanderdriften von „Außenwirkung“ und „Innenleben“: Während das Unternehmen nach außen erfolgreich erscheint, kämpft es intern mit wachsendem Druck.
Beispiel aus der Praxis:
Ein Handwerksbetrieb erhält durch Empfehlungen plötzlich deutlich mehr Aufträge, stellt zusätzliche Monteure ein, hat aber keine klare Tourenplanung. Die Disposition wird chaotisch, Aufträge verzögern sich, und Kund:innen sind verärgert – obwohl der Umsatz eigentlich boomt.
Keine skalierbaren Abläufe
Ein zentrales Merkmal wachstumsgestresster Unternehmen: Es fehlt an Standards. Wenn jeder im Team „seinen eigenen Weg“ geht, wenn Prozesse individuell, unkoordiniert oder überhaupt nicht dokumentiert sind, dann ist der nächste Fehler nur eine Frage der Zeit. Skalierung funktioniert nur mit wiederholbaren, zuverlässigen Abläufen – und genau daran mangelt es häufig.
Beispiel aus der Praxis:
Ein E-Commerce-Startup verdoppelt innerhalb von sechs Monaten seine Bestellungen. Es gibt jedoch keine standardisierte Rückabwicklung von Retouren. Stattdessen werden Einzelfälle manuell per E-Mail bearbeitet – was viel Zeit kostet, für Verwirrung sorgt und langfristig Kundenbindung kostet.
Folgen
Chaos beim Onboarding, Überforderung intern
Ein sicherer Indikator für unstrukturiertes Wachstum ist das Einarbeitungschaos. Neue Mitarbeitende erhalten keine fundierte Einführung, weil es kein systematisiertes Onboarding gibt. Stattdessen werden sie „ins kalte Wasser geworfen“. Gleichzeitig sind erfahrene Mitarbeitende mit ihren Kernaufgaben bereits überlastet und können sich kaum um die Neuen kümmern. Die Folge: Hohe Einarbeitungszeiten, viele Rückfragen, Frustration – auf beiden Seiten.
Beispiel aus der Praxis:
In einer Agentur werden gleichzeitig drei neue Projektmanager:innen eingestellt, weil das Kundenvolumen gestiegen ist. Da es kein Onboarding-Konzept gibt, verbringt das Führungsteam unzählige Stunden damit, Basics zu erklären, statt sich um strategische Kundenfragen zu kümmern. Die Stimmung im Team leidet.
Kundenservice leidet
Ein weiteres Warnsignal: Der Kundenservice rutscht in die Krise. Wenn Prozesse nicht klar definiert sind, passiert es schnell, dass Anfragen liegen bleiben, Informationen nicht weitergegeben oder Zusagen nicht eingehalten werden. Fehler häufen sich, Beschwerden nehmen zu – das Image des Unternehmens gerät ins Wanken, und das obwohl es sich in der Wachstumsphase eigentlich nach außen positiv positionieren sollte.
Beispiel aus der Praxis:
Ein IT-Dienstleister wächst durch neue Kundenverträge. Doch der Support wird zur Engstelle: Es gibt keine Ticketstruktur, keine Priorisierung. Anrufe gehen unter, Support-Mitarbeitende sind überfordert, SLA-Zeiten werden nicht eingehalten – und Kunden kündigen.
Lösungen
Strukturprojekte zur Skalierung anstoßen
Wachstum verlangt Struktur – ohne sie zerfällt jede Expansion früher oder später. Der wichtigste Schritt: bewusst Strukturprojekte initiieren, die nicht im Tagesgeschäft untergehen. Diese Projekte sollten sich gezielt der Frage widmen, wie Prozesse, Teams und Organisation wachsen können, ohne an Effizienz und Qualität zu verlieren.
Dazu gehören u. a.:
- Prozessaufnahme und -optimierung
- Einführung von Standards (z. B. Checklisten, Templates)
- Aufbau klarer Kommunikationswege
- Entwicklung einer mittelfristigen Strukturvision
Praxis-Tipp:
Statt alles gleichzeitig anzupacken, beginne mit einem Pilotbereich – z. B. dem Vertrieb oder dem Kundenservice – und entwickle dort skalierbare Strukturen. Nutze die Learnings dann für andere Bereiche.
Digitalisierung und Automatisierung als Hebel
Digitale Tools sind keine Lösung für alles – aber ein enormer Hebel, um Prozesse effizienter, transparenter und reproduzierbarer zu machen. Ob CRM-Systeme, digitale Zeiterfassung, automatisierte Buchhaltung oder Projektmanagement-Software: Wer hier investiert, entlastet seine Teams, erhöht die Qualität und schafft Grundlagen für weiteres Wachstum.
Beispielhafte Tools nach Bereich:
- Projektmanagement: Trello, Asana, Monday
- Vertrieb/CRM: HubSpot, Pipedrive
- Personalwesen: Personio, Factorial
- Rechnungswesen: lexoffice, sevDesk
- Kommunikation: Slack, Microsoft Teams
Beispiel aus der Praxis:
Ein kleines Ingenieurbüro automatisiert den Angebotsprozess mit Vorlagen, standardisierten Bausteinen und CRM-Verknüpfung. Dadurch sinkt der Zeitaufwand für Angebote um 60 %, und es entsteht mehr Kapazität für neue Projekte – ohne zusätzliche Ressourcen.
Rollen und Verantwortlichkeiten anpassen
Mit wachsendem Unternehmen verändern sich die Anforderungen an Führung, Zusammenarbeit und Verantwortung. Was früher „nebenbei“ erledigt wurde, braucht nun eine klare Zuweisung. Oft müssen neue Rollen eingeführt oder bestehende neu definiert werden – insbesondere in Bereichen wie HR, IT, Projektleitung oder Controlling.
Das bedeutet auch:
- Organigramme sollten regelmäßig überarbeitet werden.
- Verantwortung muss schriftlich festgehalten und kommuniziert werden.
- Die Führung muss lernen zu delegieren – und zu vertrauen.
Beispiel aus der Praxis:
Ein inhabergeführter Malerbetrieb wächst von 8 auf 20 Mitarbeitende. Bisher hat der Inhaber alles selbst koordiniert. Mit der Größe übernimmt ein Bauleiter die Einsatzplanung, und eine Office-Managerin organisiert Kundenkommunikation und Verwaltung. Ergebnis: Der Inhaber kann sich wieder auf Kundenbeziehungen und strategische Themen konzentrieren.
Ergänzende Aspekte: So gelingt der Kulturwandel
Wachstumsschmerz ist nicht nur ein organisatorisches, sondern auch ein kulturelles Thema. Denn Strukturen sind nur dann wirksam, wenn sie gelebt werden – und das erfordert Veränderungsbereitschaft auf allen Ebenen.
Führung muss sich mitentwickeln
Die größte Hürde beim Wachstum: Führungskräfte, die nicht loslassen können. In KMU ist es häufig die Inhaber:in oder das Gründerteam, das alle Entscheidungen selbst trifft. In der Wachstumsphase ist es jedoch essenziell, Führung abzugeben, Verantwortung zu teilen und Vertrauen ins Team aufzubauen. Andernfalls entsteht eine chronische Überforderung – mit der Gefahr, dass das Unternehmen stagniert oder zerfällt.
Kommunikation ist Schlüssel
Je größer das Unternehmen, desto wichtiger wird strukturierte, transparente Kommunikation. Flurfunk reicht nicht mehr. Stattdessen braucht es:
- Regelmäßige Teammeetings
- Klare Informationskanäle
- Feedbackformate
- Gelebte Fehlerkultur
Mitarbeitende einbeziehen
Wer Strukturen verändert, verändert auch den Arbeitsalltag. Damit das gelingt, sollten Mitarbeitende von Anfang an eingebunden werden – etwa über Workshops, Pilotprojekte oder Feedbackrunden. Das schafft Akzeptanz, erhöht die Qualität der Lösungen und verhindert stille Widerstände.
Fazit: Wachstum ist kein Selbstläufer – aber steuerbar
Wachstum ist kein Problem. Aber unkontrolliertes Wachstum ohne Struktur kann sehr schnell zum ernsten Risiko für dein Unternehmen werden. Wenn du merkst, dass dein Betrieb unter dem eigenen Erfolg leidet, ist es höchste Zeit gegenzusteuern. Die gute Nachricht: Die Stellschrauben sind bekannt – und gut umsetzbar, wenn du den Wandel aktiv gestaltest.
Nimm dir die Zeit, um Prozesse zu reflektieren, Strukturen aufzubauen und Rollen neu zu denken. Nutze die Möglichkeiten der Digitalisierung und schaffe eine Unternehmenskultur, die mit dem Wachstum mithalten kann. So wirst du aus dem Wachstumsschmerz heraus nicht nur stärker, sondern vor allem zukunftsfähig.
Wenn du Unterstützung brauchst – sei es bei der Strukturentwicklung, der Auswahl digitaler Tools oder bei der Rollenklärung – hol dir externe Expertise ins Boot. Du musst diesen Weg nicht allein gehen. Aber du solltest ihn aktiv gehen – bevor dein Erfolg dich überrollt.
Wenn du dich in dem einen oder anderen Punkt wiederfindest, dann lass uns ins Gespräch kommen. Bestimmt haben wir erste Impulse und Tipps für dich. Wir klären außerdem gemeinsam, ob und inwieweit wir dich auf deinem Weg unterstützen können. Wir freuen uns auf das Gespräch mit dir.
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