Bianca Koch, Geschäftsführerin der Ressourcenschmiede, Consultant und Interim Managerin

Wenn der Chef alles macht – und nichts weitergeht: Aus dem Mikromanagement in die Steuerung

Wer in einem kleinen oder mittleren Unternehmen Verantwortung trägt, weiß: Jeder Tag bringt neue Aufgaben, Entscheidungen, Anforderungen. Oft sind es genau die Menschen an der Spitze – also du selbst als Geschäftsführung – die das Unternehmen zusammenhalten.

Aber was, wenn genau das zum Problem wird? Wenn du so tief im Tagesgeschäft steckst, dass du das große Ganze aus den Augen verlierst? Wenn deine To-do-Liste niemals endet, strategische Fragen liegen bleiben und du nachts nicht mehr abschalten kannst?

Dann steckt dein Unternehmen möglicherweise in einem klassischen Brennpunkt: Die überlastete Geschäftsführung – Mikromanagement statt Steuerung.

In diesem Beitrag erfährst du,
– woher dieses Problem kommt,
– welche konkreten Folgen es für dich und dein Unternehmen hat
– und vor allem, wie du dich Schritt für Schritt daraus befreien kannst.

Organisatorisches Problem

Die Überlastung der Geschäftsführung ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von strukturellem Ungleichgewicht. Zwei zentrale Ursachen sind typisch:

Geschäftsführung übernimmt operative Aufgaben

In vielen KMU ist die Geschäftsleitung tief im Tagesgeschäft verankert. Du kümmerst dich um Kundenanfragen, prüfst Rechnungen, entscheidest über Urlaubsanträge und löst auch noch die IT-Probleme der Belegschaft.

Was dabei auf der Strecke bleibt? Alles, was nicht dringend ist – aber wichtig. Strategische Planung, Personalentwicklung, Innovation, Marktpositionierung.

Praxisbeispiel:
Eine Inhaberin eines kleinen Produktionsbetriebs beantwortet täglich über 30 E-Mails selbst, kümmert sich um die Einsatzplanung der Monteure und verhandelt gleichzeitig mit Lieferanten. Für ein längst überfälliges Digitalisierungsvorhaben fehlt schlicht die Zeit – seit zwei Jahren.

Fehlende Führungskräfte-Struktur

Viele KMU wachsen „organisch“ – und zwar am Inhaber vorbei. Das bedeutet: Während das Team größer wird, bleibt die Struktur gleich. Es fehlen mittlere Führungsebenen, Teamleitungen oder Bereichsverantwortliche, die Entscheidungen treffen und Prozesse koordinieren könnten.

Ergebnis: Alles landet wieder auf deinem Tisch.

Typische Situation:
Du hast Mitarbeitende, die super sind – aber keiner fühlt sich für das große Ganze verantwortlich. Jede Frage kommt zu dir, jeder Konflikt wird an dich herangetragen, jede Entscheidung verzögert sich, weil du nicht hinterherkommst.

Folgen

Die Auswirkungen dieser strukturellen Schieflage sind gravierend – und zeigen sich auf mehreren Ebenen.

Stillstand in der Entwicklung

Wenn die Geschäftsführung operativ überlastet ist, bleibt keine Zeit für strategische Projekte. Produktentwicklung, neue Geschäftsfelder, Kooperationen oder Prozessoptimierungen geraten ins Stocken. Das Unternehmen tritt auf der Stelle.

Beispiel aus der Praxis:
Ein Handwerksbetrieb hat jahrelang gute Umsätze gemacht – aber neue Wettbewerber mit Online-Präsenz gewinnen Marktanteile. Eine strategische Neupositionierung wurde mehrfach verschoben. Warum? Weil die Geschäftsführung „keine Kapazitäten“ hatte.

Strategische Themen werden ignoriert

Zukunftsthemen wie Fachkräftesicherung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder neue Märkte bleiben unbearbeitet. Entscheidungen werden vertagt oder im Notfallmodus getroffen – statt proaktiv gestaltet.

Konsequenz:
Chancen werden verpasst, Risiken nicht erkannt. Und irgendwann wird der Druck von außen größer als die Handlungsfähigkeit von innen.

Erschöpfung, Schlafprobleme, Überforderung

Das persönliche Wohlbefinden leidet stark unter der Dauerbelastung. Viele Geschäftsführer:innen berichten von Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Rückenschmerzen, innerer Unruhe oder dem Gefühl, „nur noch zu funktionieren“.

Realität für viele:
Morgens Mails, tagsüber Dauerstress, abends noch Angebote schreiben – und nachts geht der Kopf nicht aus. Die Grenze zur Erschöpfung ist längst überschritten.

Lösungen

Die gute Nachricht: Es gibt einen Ausweg. Er beginnt nicht mit mehr Aufwand – sondern mit dem Loslassen.

Aufbau einer zweiten Führungsebene

Mittlere Führungskräfte, Teamleitungen oder Bereichsverantwortliche entlasten nicht nur, sie stabilisieren auch die Organisation.

Wichtig ist: Die Struktur muss zu deinem Unternehmen passen. In einem 15-Personen-Team braucht es keine Abteilungsleiter – aber vielleicht einen Verantwortlichen für Projektkoordination oder Personalfragen.

Praxis-Tipp:
Starte mit einer Funktionsbeschreibung: Wer könnte in deinem Team mehr Verantwortung übernehmen? Was fehlt noch an Know-how oder Haltung? Welche Aufgaben gibst du konkret ab?

Delegation durch klare Verantwortlichkeiten

Delegieren heißt nicht: Abgeben und hoffen. Es heißt: Klare Zuständigkeiten definieren, Entscheidungsspielräume gewähren und Erwartungen kommunizieren.

Beispiel:
Statt jeden Einkauf selbst zu prüfen, gibst du ein Budget frei, legst Entscheidungsgrenzen fest und befähigst eine Person im Team, die Verantwortung zu übernehmen. Du bleibst informiert – aber entlastet.

Profi-Tipp:
Führ eine wöchentliche Teamrunde ein, in der offene Fragen geklärt werden – statt dass alles direkt auf deinem Schreibtisch landet.

Coaching der Geschäftsführung

Der Schritt raus aus dem Mikromanagement ist vor allem ein mentaler. Denn viele Geschäftsführer:innen haben gelernt: „Wenn ich’s nicht mache, wird’s nicht gut.“ Oder: „Ich muss überall Bescheid wissen.“

Ein externes Coaching hilft, diese Muster zu erkennen und neue Wege zu gehen. Es bietet Raum, um Rollenbewusstsein zu schärfen, Prioritäten zu klären und das eigene Führungsverhalten bewusst zu reflektieren.

Was Coaching leisten kann:
– Klarheit über die eigene Rolle
– Unterstützung beim Loslassen
– Aufbau einer nachhaltigen Führungsstruktur

Zitat eines Coachees:
„Ich habe erst durch das Coaching verstanden, dass Kontrolle nicht gleich Sicherheit ist – und dass Vertrauen in mein Team der wahre Hebel für Wachstum ist.“

Weitere Impulse aus der Praxis

Neben den genannten Kernlösungen helfen auch kleine Maßnahmen mit großer Wirkung:

  • Arbeite mit einem Kalenderblock für Strategiezeiten: Reserviere dir jede Woche 2–3 Stunden, in denen du nicht im, sondern am Unternehmen arbeitest. Keine Termine, keine Anrufe.
  • Mach deinen Schreibtisch nicht zum Nadelöhr: Entwickle einfache Freigabeprozesse, an denen andere beteiligt sind – z. B. bei Angeboten, Projektentscheidungen oder Reklamationen.
  • Feier gelungene Übergaben: Wenn ein Teammitglied eine Aufgabe dauerhaft übernimmt, kommuniziere das offen und wertschätzend – so entsteht Akzeptanz im Team.
  • Vertraue bewusst: Menschen wachsen an Verantwortung – wenn du ihnen die Chance dazu gibst.
     

Fazit

Wenn du als Geschäftsführung dauerhaft in der operativen Mühle bleibst, wird dein Unternehmen irgendwann stagnieren – oder im schlimmsten Fall ausbrennen.
Die Rolle der Geschäftsführung ist nicht die des Alleskönners, sondern die des Steuermanns oder der Steuerfrau.

Du musst nicht überall mitrudern. Aber du musst wissen, wohin das Schiff soll – und die Bedingungen schaffen, damit die Mannschaft in die richtige Richtung zieht.

Deshalb: Erkenne, wo du im Mikromanagement festhängst. Baue Strukturen, in denen du vertrauen kannst. Und mach dich frei für das, was wirklich zählt: die Zukunft deines Unternehmens.

Wenn du dich in dem einen oder anderen Punkt wiederfindest, dann lass uns ins Gespräch kommen. Bestimmt haben wir erste Impulse und Tipps für dich. Wir klären außerdem gemeinsam, ob und inwieweit wir dich auf deinem Weg unterstützen können. Wir freuen uns auf das Gespräch mit dir.

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