Stell dir vor, du sitzt am Steuer eines Autos, das keine Armaturen hat. Kein Tacho, keine Tankanzeige, kein Navi. Du weißt nicht, wie schnell du fährst, wie viel Sprit du noch hast oder wo du dich überhaupt befindest. Würdest du dich damit auf eine längere Reise begeben? Wahrscheinlich nicht.
Doch genau das passiert täglich in vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), wenn es um das Thema Reporting geht. Zahlen zu Umsätzen, Kosten, Liquidität oder Erträgen sind oft nicht oder nur unzureichend verfügbar. Entscheidungen werden „aus dem Bauch heraus“ getroffen – und das ist auf Dauer riskant.
In diesem Beitrag erfährst du, warum fehlendes oder fehlerhaftes Reporting ein echter Brennpunkt in KMU ist, welche Folgen das hat – und wie du mit konkreten Maßnahmen für mehr Klarheit, Kontrolle und Sicherheit sorgst.
Organisatorisches Problem
Keine aktuellen Zahlen, fehlende Transparenz
Viele KMU arbeiten ohne verlässliche, aktuelle Zahlenbasis. Die Buchhaltung ist oft nicht tagesaktuell, Auswertungen dauern, Excel-Listen sind überholt oder unvollständig. Manche Geschäftsführungen verlassen sich auf ihr Gefühl – das kann funktionieren, muss es aber nicht.
Typisch ist:
- Die BWA kommt Monate verspätet.
- Es gibt kein regelmäßiges Reporting zu offenen Posten oder Zahlungseingängen.
- Projekte werden begonnen, ohne die tatsächliche Rentabilität zu kennen.
- Die Datenbasis ist lückenhaft oder uneinheitlich – mal stimmen Umsätze nicht, mal fehlen Kosten.
Die Kostenstellen oder Kostenträger etwa sind unzureichend aufgebaut und liefern nicht die gewünschten Ergebnisse.
Oft ist Reporting in KMU „nebenbei“ organisiert. Es gibt niemanden, der sich wirklich verantwortlich fühlt, geschweige denn ein zentrales System zur Auswertung. Das Problem: Ohne klare Zahlen bleibt die Unternehmensführung im Dunkeln.
Beispiel aus der Praxis:
Ein Handwerksbetrieb mit 25 Mitarbeitenden führt neue Maschinen ein. Die Investition erfolgt „aus dem Bauch heraus“, weil man davon ausgeht, dass sie sich „irgendwann amortisiert“. Zwei Jahre später fällt auf, dass die Maschinen zwar viel genutzt werden, aber durch hohe Wartungskosten und sinkende Margen nicht rentabel sind – es fehlte schlichtweg ein Vorher-Nachher-Vergleich auf Zahlenbasis.
Die fatalen Folgen von fehlendem Reporting
Blindes Steuern, Fehlentscheidungen
Wer keine klaren Zahlen kennt, kann auch keine fundierten Entscheidungen treffen. Ob es um Personalplanung, Investitionen oder Preisanpassungen geht – ohne ein solides Reporting bleibt vieles im Nebel. Das Risiko für Fehlentscheidungen steigt drastisch.
Praxisbeispiel:
Ein kleiner Onlinehändler erhöht das Marketingbudget, weil der Umsatz im letzten Monat gestiegen ist. Was er nicht weiß: Die Retourenquote ist gleichzeitig stark gestiegen – der „Erfolg“ ist in Wahrheit ein Verlust. Weil das Reporting die Retouren nicht sauber abbildet, trifft er eine falsche Entscheidung.
Dauerhafte Anspannung, Angst vor Überraschungen
Die Geschäftsführung lebt mit einem latenten Gefühl der Unsicherheit. Ist genug Geld auf dem Konto? Laufen alle Projekte wie geplant? Was passiert, wenn plötzlich ein großer Kunde nicht zahlt? Ohne belastbare Daten bleibt das Tagesgeschäft von Bauchgefühl und Hoffnung geprägt – und das zermürbt auf Dauer.
Typisch:
- Unsicherheit beim Blick auf den Kontostand.
- Panik vor unerwarteten Steuerzahlungen.
- Keine Übersicht über offene Rechnungen oder Zahlungsverzug.
Liquiditätsengpässe, Insolvenzgefahr
Das gravierendste Risiko: Ohne regelmäßiges, aussagekräftiges Reporting kann es zu gefährlichen Liquiditätslücken kommen. Ein plötzlich leerer Firmenkonto, nicht erkannte Zahlungsfristen oder unbezahlte Rechnungen von Kunden können schnell existenzbedrohend werden.
Praxisbeispiel:
Ein Bauunternehmen vergibt mehrere größere Aufträge an Subunternehmen. Die Rechnungen der Subunternehmer laufen auf – aber weil die Kundenzahlungen sich verzögern, es existiert nämlich kein sauberes Forderungsmanagement, und kein tägliches Liquiditätsreporting existiert, bemerkt die Geschäftsführung das erst, als das Konto ins Minus rutscht. Das Unternehmen muss Notkredite aufnehmen und gerät ins Schlingern.
Praktikable Lösungsansätze
Aufbau eines Reportingsystems (z. B. mit BI-Tools)
Der erste Schritt ist der Aufbau eines verlässlichen und einfach nutzbaren Reportingsystems. Dabei muss es nicht gleich ein komplexes ERP-System sein – oft reichen einfache Business-Intelligence-Tools oder cloudbasierte Lösungen wie Power BI, Datev-Auswertungen oder Tools wie sevDesk, lexoffice, Xentral, Personio etc.
Wichtig ist:
- Automatisierte Aufbereitung von Zahlen
- Übersichtliche Darstellung (z. B. Dashboards)
- Echtzeitdaten oder zumindest wöchentliche Aktualisierung
- Vergleichbarkeit über Zeiträume (z. B. Monatsvergleiche, Jahresübersichten)
Tipp: Lieber klein starten, zum Beispiel mit einem Liquiditäts-Dashboard oder einem wöchentlichen Finanzreport. Später kann das System ausgebaut werden – etwa um Personalzahlen, Projekt-Controlling oder Kundenentwicklung.
Praxisbeispiel:
Ein Start-up im E-Commerce setzt Power BI ein, um jeden Tag Umsatz, Retouren, Lagerbestand und Deckungsbeiträge in einem übersichtlichen Dashboard zu sehen. Entscheidungen wie Preisanpassungen oder Sortimentsänderungen basieren dadurch auf klaren Daten – nicht mehr auf Vermutungen.
Schulung der Führungsebene im Umgang mit Zahlen
Reporting ist kein Thema nur für Buchhalter:innen. Auch Geschäftsführung, Teamleitung und Projektverantwortliche sollten verstehen, wie Zahlen gelesen und interpretiert werden. Eine Schulung oder ein internes Training zum Thema „Kennzahlen verstehen“ ist daher oft Gold wert.
Elementare Fragen:
- Was bedeuten Liquidität, EBITDA, Cashflow konkret?
- Wie lese ich eine BWA oder einen Monatsabschluss?
- Welche KPIs sind für mein Geschäft entscheidend?
Praxisbeispiel:
Ein mittelständisches IT-Systemhaus organisiert alle drei Monate ein internes „Finance Bootcamp“ für Führungskräfte. Dort lernen Teamleads, wie sie ihre Budgets verstehen, Projekte nach Ertrag bewerten und Risiken erkennen. Das führt zu mehr Verantwortung – und besseren Entscheidungen.
Einführung regelmäßiger Reportings
Statt sporadisch oder nur auf Anfrage Berichte zu erstellen, sollte Reporting ein fester Bestandteil des Unternehmensalltags sein. Ein einfaches, monatliches Standardreporting (z. B. Liquidität, Umsatz, offene Posten, Projektstatus) bringt schon enorme Vorteile. Wichtig ist: Es wird regelmäßig ausgewertet, verstanden – und aktiv genutzt.
Empfohlene Rhythmen:
- Wöchentlich: Cashflow, Zahlungen, Kontostand
- Monatlich: Umsatz, Kosten, offene Posten, Rentabilität
- Quartalsweise: Entwicklung pro Kunde, Produktivität, strategische KPIs
Praxisbeispiel:
Ein Maschinenbauunternehmen hat ein „Zahlenslot“ eingeführt: Jeden zweiten Dienstag im Monat trifft sich die Geschäftsleitung für 90 Minuten, um gemeinsam das aktuelle Reporting zu besprechen. Dabei werden Risiken, Chancen und Maßnahmen diskutiert – auf Basis von Fakten.
Ergänzende Empfehlungen
Verantwortlichkeiten klären
Reporting braucht klare Zuständigkeiten. Wer bereitet Zahlen auf? Wer kontrolliert sie? Wer entscheidet auf Basis der Daten? In vielen KMU ist Reporting „jeder fühlt sich ein bisschen zuständig – und niemand so richtig“. Das führt zu Lücken.
Lösung: Reporting als festen Aufgabenbereich definieren, idealerweise im Controlling oder in der Geschäftsführung verankern. In kleineren Betrieben kann auch ein externer Dienstleister (z. B. Steuerberatung mit Reporting-Service) helfen.
Einfache Visualisierungen nutzen
Zahlen wirken oft trocken und schwer verständlich – vor allem, wenn sie als seitenlange Excel-Tabellen präsentiert werden. Hier helfen Visualisierungen: Diagramme, Ampelsysteme, Trendpfeile. Wichtig ist, dass die Daten sofort erkennbar sind – auch für Nicht-Buchhalter:innen.
Tipp: Ein einfaches Dashboard mit „Ampel-Logik“ (grün = ok, gelb = beobachten, rot = kritisch) funktioniert hervorragend – auch auf dem Smartphone.
Fazit: Reporting ist Führungsaufgabe
Ein funktionierendes Reporting ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Es schafft Transparenz, sichert Entscheidungen ab und bewahrt dein Unternehmen vor bösen Überraschungen. Vor allem aber bringt es dich raus aus dem Reagieren – und rein ins Gestalten.
Gerade in KMU lohnt sich ein professioneller Umgang mit Zahlen. Du musst dafür kein Controller sein – aber du solltest wissen, wo dein Unternehmen steht. Denn wie sagte schon Peter Drucker:
„You can’t manage what you can’t measure.“
Pack’s an – und bring Licht ins Zahlen-Dunkel. Dein Unternehmen wird es dir danken.
Wenn du dich in dem einen oder anderen Punkt wiederfindest, dann lass uns ins Gespräch kommen. Bestimmt haben wir erste Impulse und Tipps für dich. Wir klären außerdem gemeinsam, ob und inwieweit wir dich auf deinem Weg unterstützen können. Wir freuen uns auf das Gespräch mit dir.
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